MoinMoin: poetryclub Konzertkritik

Eine Mischung aus Iggy Pop und Jürgen Drews
Oden von Friedrich Rückert in Fischerhude-Quelkhorn: „Die Welt ist singbar“

Von Hans-Dieter Mahlstedt

Fischerhude. Elektronische Loops kreisen durch das Quelkhorner Bergwerk, die alte Fender E-Gitarre ist auf diskant gestellt. Vorn auf der kleinen Bühne steht ein schlaksiger Mensch, der aussieht wie eine Mischung aus Iggy Pop und einer Kreuzberger Variante von Jürgen Drews. Der Mann heißt Georg Nägle alias „Cosmic“, stammt aus Schweinfurt, lebt in Berlin und singt Lieder zu Gedichten, die 200 Jahre alt sind und von Friedrich Rückert stammen.

Was um Himmels Willen haben die Gedichte des Philologen, Orientalisten und Privatgelehrten Friedrich Rückert (1788-1866) denn in der Pop-Musik zu suchen, mag sich fragen, wer sich noch nicht näher mit dessen melodiösen, bildreich schwingenden Versen beschäftigt hat.

Friedrich Rückert selbst hat seine Gedichte als Gesänge gesehen und auch so konzipiert. „Die Welt ist singbar“ heißt eine seiner Oden und genauso geschmeidig, metaphernreich und melodisch biegsam kommen sie daher.

Zu seinen bekanntesten Werken gehören die „Kindertotenlieder“, die Gustav Mahler in seiner Vertonung unsterblich gemacht hat. Rückert hat diese zutiefst ergreifenden Gedichte unter dem Eindruck des Todes zweier seiner Kinder geschrieben. Im Übrigen existieren insgesamt über 2000 Vertonungen seiner Gedichte, derer sich neben Mahler auch Johannes Brahms, Robert Schumann und Richard Strauß angenommen haben. Nur Goethe hat es da auf mehr gebracht.

Allein, der Beweis von Rückerts Kompatibilität mit Rhythmik und Intonation deutscher Pop-Kultur geht auf das Konto von Georg Nägle. Dazu allerdings braucht es Mut, den Glauben an sich selbst und einen unbeirrbaren Optimismus, der von Herzen kommt.

„Die Welt ist schön, die Welt ist gut, geseh’n als Ganzes / Der Schöpfung Frühlings-pracht, das Heer des Sternentanzes“, lauten die ersten Zeilen, die im BergWerk von der Bühne kommen. Wer solches ironiefrei singt, glaubt an den Menschen, hat noch Hoffnung, dass sich homo sapiens auf seinem selbst gewählten Weg ins schwarze Loch eines Besseren besinnt. Dieser Optimismus, in einer Zeit geboren, als das selbst erstellte menschliche Bedrohungspotential noch nicht absehbar war, begeistert Nägle, alias „Cosmic“. Er badet in diesen Wortgebilden, die heute so romantisch klingen und denen doch nichts Menschliches fern ist. Am allerwenigsten die Liebe.

Auch hier hat Rückert den Kern der Sache erkannt: „Dass du die Rose hast, das merkst du erst am Dorn“. Wenn Cosmic diese Zeilen voller Inbrunst singt und dazu ein akustisches Gitarrenspiel findet, das in seiner melancholischen Kraft an „Wild Horses“ der Rolling Stones erinnert, geht das tief. Überhaupt ist Nägle jemand, der es wie Neil Young in seinen besten Jahren schafft, den simpelsten Akkordfolgen aufregende Melodien zu entlocken.

„Rhythm’ and Rückert“ könnte man sagen, so gut verbinden sich Country, Folk und Blues mit den Sätzen des alten Dichters. Und Nägle, der diese schön gesungenen Gedichte gemeinsam mit seiner Band „poetry club“ unter dem Titel „Goldene Zeit“ auf CD gepresst hat, wirkt bei alldem aufrichtig. Wie beseelt, und nicht wie einer, der auf der Nostalgiewelle surft. Cosmic ist ein Träumer; aber kein Welt verlorener, sondern einer mit Ambitionen: Für die kommende Bundestagswahl bewirbt sich der Künstler um ein Direktmandat. Näheres unter www.cosmic.de.

Quelle: Weser-Kurier, Achimer-Kurier

~ von cosmic - Juli 30, 2009.

Eine Antwort to “MoinMoin: poetryclub Konzertkritik”

  1. Jürgen Drews, die Sau hat immer noch nicht auf meine Facebook-Anfrage geantwortet! Womöglich gibt es Jürgen Drews gar nicht und wir sind seit den Siebziger Jahren einem gemeinen Schwindel erlegen. Bzw. hast du früher eventuell einmal in einer Gruppe gesungen, die von einem gewissen Les Humphries angeleitet wurde? Du musst dich nicht schämen dafür, als Kind hab ich sogar eine Schallplatte mit Lieder von den Les Humphries Singers drauf gehabt und Jürgen Drews war eindeutig der Sexieste von allen!

    Oft und gerne denke ich an schöne Weisen wie Mexico zurück! Aber auch dein Titel „Ein Korn im Feldbett“ hat mich irgendwie sehr angesprochen!

    Mach weiter so, ich halte dir die Stange!

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